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Redesign der Netflix-App

Die Sucht nach Serien. Wenn wir mal ehrlich sind, gab es bei uns allen doch schon einmal die Phase, in der wir ihr nur allzu gern verfallen sind. Wir verbringen viele Stunden - ja eigentlich Tage - auf der Couch mit Ted, Tyron Lannister und Walter White, um mit ihnen Crystal Meth zu kochen oder sie bei ihrem „Spiel um die Throne“ zu begleiten. Zeit? Pff ... wir denken in Staffeln!
 
Mutation Couchpotato. Die Netflix-App macht es möglich – ja unumgänglich! Für die Serienjunkies unter uns ist die Netflix-App die Nahrung, die unser nach Bewegtbildern und Geschichten hungerndes Hirn füttert. Toll, nicht? Serien sehen, wann immer und wo immer wir wollen. Keine Werbung und das beste: Wir entscheiden selbst, wie lange wir uns von Ted und Co. in unserem Wohnzimmer unterhalten lassen.
5 Staffeln von Breaking Bad nehmen 2 Tage und 14 Stunden in Anspruch. Schaut man nun auch Game of Thrones, Lost, House of Cards und Suits an, ist man schon bei über einer Woche. Es lässt sich wohl nicht bestreiten: Wir verbringen eine nicht unerhebliche Zeit unseres Lebens auf Netflix. So viel investierte Lebenszeit sollte mit einem ansprechenden Design, intuitiven Aufbau und guten Funktionen belohnt werden. Wir finden daher, dass Netflix nicht gut genug sein könnte und haben uns an ein Redesign der App gewagt. Das Folgende stellt eine Dokumentation unserer Arbeitsweise dar.
 
// prisma
Schritt 1: Analyse der Netflix-App

In einem ersten Schritt haben wir die Ist-Situation der Netflix-App analysiert und gesammelt: Wie sieht die App aus? Was bietet sie ihren Nutzern? 
Damit haben wir uns einen Überblick über Suchfunktionen, Aufbau, Einteilung in Genres, Design usw. verschafft.  Besonders aufgefallen ist uns hier schon, dass es relativ umständlich ist, angefangene Filme und Serien wieder aufzurufen und das jeweilige Nutzerprofil einzustellen. Deshalb ist es uns wichtig, im Redesign »Favoriten«, »Weiterschauen« und die »Watchliste« schneller und einfacher zugänglich zu machen.
Schritt 2: Persona erstellen

Um uns besser in die Zielgruppe der Netflix-Nutzer hineinversetzen zu können und uns genauer vorstellen zu können, mit was für einer Person wir und damit auch die neue Netflix-App es zu tun haben, haben wir exemplarisch eine Persona erstellt. Eine hilfreiche Grundlage dafür haben uns Sinus-Milieus geboten. Hier befinden sich die potenziellen Netflix-Nutzer im Bereich der Neuorientierung. Damit sind sie unter anderem pragmatisch, explorativ und aufgeschlossen. Im sozialen Gefüge befinden sie sich sowohl in der Unter- sowie Mittel- und Oberschicht. Sie bieten ein breites Feld an Persönlichkeiten. Für unsere weiteren Schritte haben wir uns für ein bestimmtes Milieu entschieden: das adaptiv-pragmatische. Unsere Persona Justus Jonas ist entstanden. Mithilfe von Pinterest haben wir ein Moodboard mit Justus Jonas Interessen, Hobbys, Merkmalen usw. erstellt. Die Charakterisierung erleichterte uns, die App aus der Perspektive der Nutzer zu sehen. So konnten wir uns folgende Fragestellungen konkreter vorstellen und beantworten:

-       Mit welchen Intentionen kommen die Nutzer auf die Netflix-App?
-       Wie nutzen die Besucher Netflix und welche Ziele verfolgen sie?
-       Welche Funktionen wünschen sich die Nutzer?
 
Justus Jonas ist 32 Jahre alt, von Beruf Unternehmensberater, stolzer Onkel eines quirligen 6-Jährigen und liebt es, Mountainbike zu fahren, zu klettern und die Welt zu sehen. Ansonsten entspannt er abends gerne nach der Arbeit bei einer Folge Suits oder House of Cards, während er auf Whatsapp mit ehemaligen Kommilitonen im Gruppenchat schlechte BWLer-Witze reißt – um nur ein paar seiner Hobbies, Interessen und Eigenschaften aufzuzählen.
 
Schritt 3: Bedürfnisse beim Serienschauen

Mit Justus Jonas haben wir einen typischen Vertreter unserer Netflix-App-Zielgruppe kennengelernt. Was jedoch sind seine Bedürfnisse? Welche Wünsche hat er bezüglich der App? Was ist die Usability und was die User Experience?
Über die Usability ist natürlich schnell klar: Justus Jonas und seine MitnutzerInnen möchten mobil, schnell und einfach Filme und Serien auf der App ansehen können.
Die User Experience dagegen ist etwas kniffliger: Welche Bedürfnisse soll die Nutzung befriedigen? Welche Motive angesprochen werden?
Aus diesem Grund haben wir verglichen, welche Bedürfnisse bei unserer Zielgruppe im Zusammenhang mit der Netflix-App aufkommen. In einem zweiten Schritt haben wir geschaut, ob und inwieweit die App diese Bedürfnisse auch befriedigt. 
So empfindet Justus Jonas etwa nach einem harten Arbeitstag Entspannung beim Filmeschauen und gleichzeitig freut es ihn, dass er autonom handeln kann, da er sich aussucht, welchen Film oder welche Serie er wann sieht. Das wird ihm zum Beispiel durch die zahlreichen Listen und Vorschläge oder die Möglichkeit, den Film anzuhalten, gegeben.
Sein Be-Goal ist es, sich zu entspannen und sein Do-Goal, um dieses zu erreichen, lautet »Filme schauen«. Das erreicht er über die Netflix-App.
Das bedeutet: Die Netflix-App ist ein Mittel zur Erreichung der Be-Goals unserer Zielgruppe.

Nur, deckt die App alle für die Nutzer wichtigen Bereiche ab und befriedigt so ihre Bedürfnisse?
 
Analyse einiger Bedürnisse und Lösungsansätze dazu:
Gemeinsames Erlebnis: Netflix ermöglicht kein gemeinsames schauen, weil man immer nur mit dem Profil einer Person schauen kann und daher die kürzlich angesehenen Filme und Favoriten nur in diesem Profil gespeichert werden.
 
Zugehörgkeitsgefühl: wird durch die Sparte »beliebteste Serien« geschaffen; allerdings ist es fraglich, inwiefern der Massengeschmack den eigenen Interessen entspricht. Hier wäre es interessant, Bewertungen, Empfehlungen, beliebteste Filme und Serien von Freunden und Leuten mit den selben Interessen zu haben. Zudem sollten die Empfehlungen die Netflix seinen Nutzern macht nicht wahllos sein. Netflix sollte den Geschmack besser kennenlernen. Möglichkeit: Gefällt mir / Gefällt mir nicht-Funktion.
 
Sicherheit/Kontrolle: Netflix zeigt zuletzt angesehenen Filme an und bietet seinen Nutzern die Möglichkeit, Filme abzuspeichern. Allerdings finden wir das im Aufbau nicht geschickt gelöst. Wenn man diese Funktionen alle an einem Ort unterbringen würde, hat der Nutzer einen besseren Überblick.
 
Punkte, die für uns wichtig sind: »gemeinsam Serien schauen«, »alleine Serien schauen«, »Watch-Liste: Serien merken und speichern«, »neue Serien entdecken/finden« und »Serien bewerten«.
Schritt 4: Problemszenario

In einem nächsten Schritt haben wir uns genauer damit beschäftigt, welche Bedürfnisse durch Netflix nicht befriedigt werden. Hierbei haben sich vier große Bereiche aufgetan, von denen wir uns auf das »Serien entdecken, Serien merken/speichern, zuletzt/bereits gesehen, Erinnerung von neuen Serien und Filmen« konzentriert haben.
Um uns das Problem konkreter ansehen zu können und herauszufinden, wie man diese Funktionen verbessern kann, haben wir ein Problemszenario mit unserer Persona Justus Jonas und seinem 6-jährigen Neffen durchgespielt. Es soll uns helfen, die verschiedenen Aspekte und Blickwinkel aus den Augen der Nutzer einzunehmen und zeigen, welche Auswirkungen das Problem unter anderem auf den Nutzer hat.
 
Durch das Hineinversetzen in diese Situation ist uns aufgefallen, wie wichtig es für Justus Jonas ist, bisher gesuchte Filme und Serien schnell und leicht wiederzufinden, diese eventuell abspeichern zu können und unabhängig von seiner weiteren Nutzung von der App informiert und erinnert zu werden, wenn neue Folgen dieser Serie erscheinen.
Weiterhin haben wir auch persönliche Verbesserungsvorschläge eingeführt, die uns – unabhängig vom beschriebenen Problemszenario – eingefallen sind. So etwa die Funktion, sich seine Startseite persönlich anordnen zu können oder Kommentare von Freunden zu Filmen und Serien vor allen anderen Kommentaren zu lesen.
Schritt 5: Konzept erstellen
 
Die Erkenntnisse aus den ersten vier Schritten haben uns gezeigt, was wir konkret verbessern möchten. Deshalb geht es nun an die grobe Strukturierung der App. Hierfür haben wir eine Sitemap erstellt, die die ungefähren Navigationswege unserer neuen Netflix-App aufzeigen soll. So haben wir festgelegt, dass mit Klick auf das Hamburger-Menü ein neues Bedienfeld für Account, FAQ, Support und Kontakt aufgeht. Die Favoriten führen zu »Was ich sehen will« und »vorgemerkt, aber noch nicht auf Netflix verfügbar« etc.
 
Zur ersten Visualisierung haben wir erste Wireframe-Skizzen erstellt. Ständig wurde an diesen weitergearbeitet und überprüft, ob die Funktionen in der jeweiligen Anordnung und Struktur auch umsetzbar sind.
Erste Visualisierungversuche
Bild links: Home-Bildschirm
- Bedürfnis »Gemeinsames Erlebnis« ausbauen: durch schnelleres Wechseln zwischen den verschiedenen Nutzerprofilen
- Bedürfnis »Sicherheit/Kontrolle« ausbauen: »Watchliste« und »kürzlich gesehen« direkt sichtbar und am Anfang des Screens
- Bedürfnis »Zugehörigkeitsgefühl«: eine feste Tab bar ermöglicht schnellen Zugriff unter anderem auf die Watchliste der Freunde
 
Bild rechts: Watchliste
- Einteilung der Watchliste in: »schaust du gerade«, »hast du bereits angeschaut«, »willst du noch sehen«
- Möglichkeit, die Filme als »Favorit« zu markieren
- Möglichkeit, auch Filme zu speichern, die nicht auf Netflix sind (Idee: Netflix soll Nutzer informieren, sobald die Filme/Serien auf Netflix erscheinen)
 
Screen: Freunde
 
Unter »Freunde« kann man sehen, was die Freunde gerade sehen (»watching«), »bereits gesehen haben« und welche Filme und Serien sie favorisierten. 
Ziel hinter der Idee ist, die Bedürfnisse »Zugehörigkeitsgefühl» und »Empfehlungen« zu verstärken. Der Nutzer sieht nicht nur, was seine Freunde schauen, sondern bekommt dadurch auch Input, was ihm auch gefallen könnte. Zusätzlich kann er sich mit seinen Freunden zum gemeinsamen Serienschauen verabreden oder sich mit ihnen über gesehene Filme und Serien unterhalten.
Schritt 6: Design
 
Nach der konkreten Festlegung von Aufbau und Struktur der Funktionen über erste Wireframes ging es nun an das Design der App. Wir haben uns Gedanken über Farben, Aufbau, Designelemente wie Morphismen usw. gemacht. Für die Ideensammlung haben wir ein Moodboard auf Pinterest angelegt.
 
Punkte, die uns im Design wichtig waren:
- ruhiges Design: wenig Ablenkung, Übersichtlichkeit, Informationen können schneller aufgenommen werden
- Faben: schwarz + Magenta; spiegelt Kinoatmosphäre wieder; schöner Kontrast zwischen schwarz und Magenta
- dunkle Farben: Nutzer schaut abends und soll von einem hellen Design nicht geblendet werden
- intuitives, selberklärendes, einfaches Design: Nutzer will schnell zum Ziel
 
Wir haben uns für ein Flatdesign entschieden, da es unsere Punkte miteinander vereint und modern und schlicht ist.
Schritt 7: Umsetzung 
 
Nachdem wir uns noch einmal Nutzer und Nutzungskontext ins Gedächtnis gerufen haben, ging es an die Umsetzung unserer Designideen und skizzen in Sketch.
Homescreen-Menü:
- Farbkontrast: hell/dunkel
- übersichtlich
- große Buttons für leichte Handhabung
- schneller Exit aus Profil durch Kreuz am rechten Bildrand oben
- intuitive Symbolvergabe
- leichte Exitmöglichkeit aus dem Homescreen-Menü mithilfe des Kreuzes in rechter Bildschirmecke oben
Homescreen
- schneller und direkter Zugang auf die Watchliste
- «zuletzt gesehen» wird direkt als erstes angezeigt --> so muss der Nutzer nicht lange danach suchen, wo er beim letzten Schauen stehen
geblieben ist
- Filme und Serien getrennt in Form von Roulette
-
Tab bar am unteren Bildschirmrand mit Weiterleitung zu Freunden (links), den Filmgenres (rechts) und einem leeren Button, der vom Nutzer individuell belegt werden kann --> Tabbar erscheint erst beim Scrollen nach unten
 
Watchliste:
- Nutzer sieht hier noch einmal, was er zuletzt angeschaut hat
- Funktionen wie »Bereits von dir gesehen« und »Will ich noch sehen« sind hier untergebracht
--> durch Klicken auf die jeweiligen Filme/Serien Weiterleitung (wenn etwa Wunsch besteht, Film erneut zu schauen)
--> »Will ich noch sehen« hat den Zweck, dass Netflix den Nutzer daran erinnert, wenn diese Filme/Serien nun auf Netflix verfügbar oder neue Staffeln herausgekommen sind
- der Balken bei «zuletzt gesehen» zeigt an, wie viel der Serie/Films bereits gesehen wurde; so weiß der Nutzer direkt, wo er weiterschauen muss
- ebenfalls Tabbar zu erkennen
Freunde:
- schnelle Einsicht in die Watchliste der Freunde
- direkte Kommunikation (»Chat«) mit Freunden wird möglich, sogar beim Schauen
- Einsehen des Profils der Freunde
- gemischte Watchliste in Form von Roulette der von Freunden gesehenen Filme/Serien --> Möglichkeit des Stöberns, was Freunde sehen
Bedürfnisse wie »Zugehörigkeitsgefühl« und »Gemeinsames schauen« werden erfüllt
- ebenfalls mobile Tabbar
Filmseite
- Filmbeschreibung über Trailer, damit letzterer leichter per Tippen zu erreichen ist (Fokus liegt auf Trailer)
- Kommentare der Freunde werden vor allen anderen Kommentaren angezeigt (»Ansprache«, »Zugehörigkeitsgefühl« und »gemeinsames schauen«)
- zusätzlich ist direktes Feedback auf Kommentare und die Chatfunktion mit Freunden möglich (innerhalb Kommentarkasten)
- Filme und Serien können leicht per Klick auf das Herzchen geliked und damit in die Watchlist gesetzt werden
- Teilen über andere soziale Netzwerke möglich
- mobile Tabbar erscheint durch Scrollen
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Redesign der Netflix-App. Das Projekt ist im Zusammenhang mit einem Seminar an der Hochschule der Medien Stuttgart entstanden. Ein Projekt von M Read More

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