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Research · Speculative
“Ob das die Helvetica ist oder die Arial oder die Plain oder die Grafik oder die Atlas oder die Neutral oder die Univers oder… Es interessiert halt außer GrafikdesignerInnen keine Sau. Die Leute können sie nicht auseinanderhalten.”
Kai Bernau im Gespräch für diese Arbeit






Im Jahr 1980 veröffentlicht die AIGA einen Guide, der von Peter Laundy und Massimo Vignelli verfasst wurde. Der Guide trägt den Namen “Graphic Design for Non-Profit Organizations”. In ihm findet sich eine Handvoll sehr simpler aber durch hohe Funktion etablierter Gestaltungsprinzipien, durch deren Nutzung NPOs (Non-Profit-Organisationen), die sich ggf. die Dienstleistung eines, durch professionelle GestalterInnen individuell für sie ausgestalteten Erscheinungsbildes finanziell nicht leisten können, dennoch eine Art Markenauftritt mit einem Wiedererkennungswert erhalten.
Die beiden Gestalter setzen dabei auf Altbewährtes: Eine Auswahl aus sechs Schriftarten genüge, da es beispielsweise reiche, die bewährteste aller Schriftarten aus der Überkategorie zu wählen. Sie funktioniere wunderbar und könne letztendlich stellvertretend für sämtliche anderen Schriftarten existieren, schreiben Laundy und Vignelli. Im Jahr 1980 war zudem die Verfügbarkeit des Bleisatzes einer Schrift ein großes Thema. So empfehlen sie die Bodoni, Century Expanded, Garamond, Times Roman, Helvetica oder Typewriter.






Wir haben diesen Guide aus dem Jahr 1980 als Aufhänger für unsere Bachelorarbeit genommen. Wir erarbeiten eine Adaption des Guides in die aktuelle Ära der Grafikgestaltung, passen ihn dem Zeitgeschehen an und denken ihn neu. Zeitgleich setzen wir uns mit der gestalterischen Theorie hinter dem Guide auseinander.







⬤ DISKURS
Wir versuchten, das Phänomen zu verstehen, das Laundy und Vignelli in ihrem Guide (vermutlich unbedarf und rein aus einer praktischen Notwendigkeit heraus) beschrieben haben. Wir selber kennen diese naheliegenden, oft genutzten, einfachen aber gut funktionierenden Gestaltungsweisen aus unserem eigenen gestalterischen Alltag. Gewisse Layouts, Schriftarten, Farbsets sieht man häufiger als andere. Muss man intuitiv gestalten, greift man stets zu ähnlichen “Rezepten”. Wir suchen einen Namen für dieses Phänomen und finden den “Archetypen” (klar abzugrenzen vom Archetypen nach Jung!). Doch auch in anderer Form und unter anderem Namen begegnet uns dieses Phänomen immer und immer wieder. Archetyp, Blaupause, Bewährtes, Konventionelles, Pattern, Trend, Standard, Norm.






Können wir uns der Archetypen der Grafikgestaltung bewusst machen? Mit ihnen experimentieren? Sie feststellen? Sind Archetypen der Grafikgestaltung nicht genau die simplen Gestaltungsrezepte, die es Non-DesignerInnen vereinfachen würden, simple wie hochwertige Gestaltung in den alltäglichen Need an gestalteten Endprodukten, die von ihnen selber umgesetzt werden müssen, zu integrieren?

Im Rahmen unseres Diskurses nähern wir uns diesen und weiteren Fragen aus verschiedenen Richtungen. Wir haben Gespräche mit Menschen, die an verschiedensten Ecken der Gestaltungsbranche sitzen, geführt und allen ähnliche Fragen gestellt. So entstand ein Diskurs zwischen GrafikgestalterInnen, Interaktionsgestaltern, Psychologen, Soziologen, Non-DesignerInnen und uns selber. 23 Personen unterhalten sich über Archetypen, Non-Designer und die Demokratisierung von Design, als säßen sie an einer langen Tafel.






Auch über das Durchführen verschiedener Experimente, über das Sammeln und Sortieren haben wir versucht, Erkenntnisse zu erlangen und zu lernen. Dabei haben wir viel über Gestaltung und das Wechselspiel zwischen der Gesellschaft und Gestaltung gelernt. Auf 320 Seiten kann man in unserem Buch unsere Erkenntnisse nachvollziehen, selber eigene Schlüsse ziehen und hoffentlich am Ende etwas Neues über Gestaltung lernen.










⬤ TOOL
Nach der Theorie folgt die Praxis. Wir hatten uns die Aufgabe gestellt, den Guide ins hier und jetzt zu bringen. 

Wie sähe der Guide jetzt aus? 

Der Guide wäre kein Guide mehr. Der Guide wäre im besten Fall ein Tool, der das Erlernen und Umsetzen der Gestaltung durch Laien obsolet macht. Der Einsatz von KI ist dabei der aktuell vielversprechendste Weg, Non-Designern ohne gestalterische Vorerfahrung zu ermöglichen, qualitativ hochwertige Gestaltung ohne das Hinzuziehen professioneller GestalterInnen kostengünstig umzusetzen. Wir haben ein Tool konzipiert, das sich (in naher Zukunft) spekulativ der Aufgabe stellt, im Rahmen eines Dialogs zwischen KI und Non-DesignerInnen ein Erscheinungsbild zu generieren und in Anwendung zu bringen. 

Warum in Naher Zukunft und nicht jetzt? Aktuell sind die Entwicklungen im Bereich der KI-Gestaltung noch nicht so ausgereift, dass das Tool umsetzbar wäre. Im Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich ist jedoch davon auszugehen, dass die KI in naher Zukunft hochwertiges Grafikdesign ausführen kann. Die Frage, ob die KI Erscheinungsbilder für NPOs gestalten kann, stellt sich also kaum. Auch, wie dies technisch realisierbar sein wird, ist für uns wenig von Interesse gewesen. Spannender ist die Frage, wie Non-DesignerInnen mit der KI kommunizieren können und sollten, um bestmöglichste Ergebnisse zu erhalten. Geschieht der Input in visueller Form, als Text, als Chat oder durch einen Fragebogen?










⬤ MANUAL
Da das Tool aktuell noch nicht umsetzbar wäre, wir also nur das Konzept um das Tool skizzieren können, sind Beschreibungen um das Tool für ein Umreissen wichtig. Wir haben eine hypothetische Bedienungsanleitung ausformuliert und gestaltet, die alle Gedanken, Anforderungen, Hintergründe und Ausbaumöglichkeiten des Tools beinhaltet, die in einem einfachen Prototypen nicht festhaltbar wären.









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