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Accessibility Symbol

International Accessibility Symbol Design Competition – Auszeichnung  
Unter den 355 Einreichungen beim internationalen Wettbewerb der Organisationen International Union of Architects (UIA) und der Rehabilitation International (RI) wurde mein Vorschlag mit einer Auszeichnung honoriert.
https://www.uia-architectes.org/wp-content/uploads/2022/02/UIA-RI-Access-Symbol-Brief_en.pdf
The aim of the new symbol is to change the original pictograms approach from showing disabilities in form of wheelchair users to including people with a variety of disabilities–but still focussing on mobility disabilities.
The person is in focus; the surrounding circle highlights the person inside, it shows the special spacial needs as well as the consideration needed. It could also be understood as the turning circle of a wheelchair or even handles needed. The split up–in dots–circle opens the restricted space, it allows interaction, inclusion, makes it accessible. Opening up the circle to the right adds–with the European reading practice from left to right–an evolution from restricted to now opening up. In regions with reading direction from right to left the symbol should be mirrored.
Keeping a person and a circle as part of the pictogram enables a link to the current ISA.
Displaying a person without visible disability includes all non-visible disabilities. Showing only the upper body solves the issue of giving the person a gender or showing their legs/ a wheelchair.
The colours and the line width used for the pictogram should follow the originally selected for maximum recognition. Additionally the colours blue and white maximize the contrast within the symbol, and to its surrounding, mostly white walls and doors. It considers all different forms of colour blindness.
The new symbol could 1:1 replace the current ISA, but also a broader, more inclusive approach, could be considered: creating a symbol that indicates built environments that are accommodating of all people with special needs.

The development of this new ISA was supported by »Lebensart Sozialtherapie«, a shared apartment organization for disabled adults: one session with inhabitants, namely mobility (wheelchair + not wheelchair), vision, cognitive and learning disabilities; second session with six advisors and caretakers of the organization who organize the daily routine (in the apartment, day trips, holidays) of the inhabitants. During both sessions numerous existing symbol variants were discussed and new ones were sketched.
Another part of the process were exchanges with a communication scientist specialized on the evolution of social concepts, a semiotic expert and an over-20-years-experienced signage expert.
Meine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema:
Kritik am International Symbol of Access
International Union of Architects, UIA, und Rehabilitation International, RI, haben zu einem Wettbewerb aufgerufen: sie möchten das in die Jahre gekommene »Accessibility Symbol« ins 21. Jahrhundert holen. Kritik an dem Symbol gibt es zahlreiche. Die wohl nahe liegendste hat seinen Ursprung in seiner Entstehungsgeschichte: was aussieht, wie ein Rollstuhl mit Stecknadelkopf, ist in Wahrheit ein nachträglich mit »Kopf« ausgestatteter Rollstuhl, der 1968 von der dänischen Studentin Susanne Koefoed entwickelt wurde.
Ursprünglich gedacht um gebaute Strukturen als für Rollstuhlnutzer*innen geeignet auszuzeichnen, hat sich der Bedeutungsrahmen des Piktogramms ausgeweitet: Menschen mit Kinderwagen nutzen den markierten Weg genauso wie Boten mit Paketrodel; Haltegriffe neben dem WC helfen älteren Menschen ebenso wie kleine Menschen den verstellbaren Spiegel zu schätzen wissen.
Dennoch sollte man erkennen, dass das so genannte »International Symbol of Access«, kurz ISA, aufgenommen in den ISO Standard 7001, die Welt binär unterteilt: in solche, die nicht beeinträchtigt, und solche, die beeinträchtig sind; in physische »Normalität« und physische »Andersartigkeit«. Der Rollstuhl wird zur Metapher für Menschen, die insbesondere mobilitätsbeeinträchtigt sind, die mehr Platz, niedrigere Armaturen und selbstöffnende Türen benötigen – vielleicht nur heute oder jeden Tag ihres Lebens, oder vielleicht erst seit dem Autounfall oder seit sie 82 Jahre alt geworden sind.
Das ISA ist oft die einzige Wahl, die man hat, wenn man weder ins Damen-, noch ins Herren-WC gehen möchte: Entweder weiblich oder männlich, oder geschlechtslos und hilfsbedürftig. Spannend ist nicht nur der Aspekt, dass das klassische ISA starr, unmenschlich und hilflos wirkt – es ist auch als einziges der klassischen 3 WC-beschriftenden Piktogramme seitlich ausgerichtet. Dadurch wird es manchmal »falsch herum« eingesetzt, weil es vom eigentlichen Objekt weg weist; in der Gruppe mit anderen Piktogrammen gehört es oft nicht dazu, dreht den anderen den Rücken zu.
Zahlreiche Studien haben sich damit beschäftigt, wie das International Symbol of Access und seine Anwendung die Wahrnehmung von Behinderung beeinflussen. Ein Beispiel: es gibt zwei Wege. Einer ist nicht markiert, einer ist mit dem blauen Alien-Rollstuhl markiert. Nicht-behindert ist, wer den nicht-markierten Weg nehmen kann. Wer das nicht kann, gilt als behindert.
Manche Kritik geht sogar so weit, dass das verwendete Symbol beeinträchtigten Menschen Geschlechtlichkeit aberkennt, sie aus den Räumen, in denen sich die anderen bewegen können, separiert und ihnen die Fähigkeit abspricht, am Familienleben teilzunehmen.
Einige Kritik mag berechtigt sein, und dass das aktuelle Symbol keine zeitgemäße Repräsentation darstellt, ist sicherlich Konsens. Gestaltung kann allerdings nicht alle Kritik lösen. Soll man zukünftig weibliche und männliche Rollstuhlnutzer*innen darstellen? Schon mal versucht, einen Rollstuhl als Piktogramm von vorne darzustellen?

Alle Design-Fliegen mit einer Klappe: der inklusive Woll-Milch-Rollstuhl
Dreht man die Situation um, würde es in einer perfekten Welt keines Symbols bedürfen, weil alle Gebäude für alle Menschen zugänglich sind, weil auf WC-Anlagen die Angebote (z.B. WC mit mehr Platz und Haltegriffen) statt die erwünschten Besucher*innen angeführt sind, und auch, weil Menschen Rücksicht nehmen und große Parkplätze in der Nähe zum Haupteingang für solche Menschen frei lassen, die es dringender brauchen.
Bis dahin ist es noch ein zu weiter Schritt! So haben sich die oben genannten Organisationen entschieden, vorerst doch die Welt weiterhin in zwei Gruppen – behindert und nicht-behindert – zu unterteilen. Sie suchen ein Symbol um Gebäude und gebaute Umgebungen zu kennzeichnen, die für Beeinträchtigte zugänglich sind.
Das neue Symbol soll die Vielfalt der Nutzer*innen besser repräsentieren, soll auch für andere Beeinträchtigungen, wie Seh- und Hörbeeinträchtigung gelten, es soll die Werte Inklusion, Gleich(wertig)heit und Unabhängigkeit mitnehmen und es soll Zugänglichkeit und Willkommen-sein (!) in der physischen und der virtuellen Welt kommunizieren. Zu allem Überfluss wünschen sich UIA und RI in ihrem Briefing, dass das Symbol ohne weitere Erklärungen verstanden wird.
Meine persönliche Meinung: Weder mein Beitrag noch die Gewinner*innen haben diese unmöglich zu erreichenden Vorgaben erfüllt.
Wenn wir wirklich die Welt verändern wollen, sollten wir nicht versuchen, ein neues Piktogramm zu schaffen, sondern die Verwendung des ISA überflüssig zu machen. Bis es soweit ist, könnte man dem Rollstuhl ein bisschen mehr Pepp geben. Aber zur Bewusstseinserweiterung, welche Bedürfnisse wir verschiedenen Menschen alle haben und wie man aufeinander Rücksicht nimmt, trägt ein fancy wheely wenig bei.

Quellen:
(1) Imogen Groome, 27.04.2019: It’s not London Underground’s priority seats that need the makeover, it’s our attitudes.
https://metro.co.uk/2019/04/27/its-not-the-tubes-priority-seats-that-need-the-makeover-its-our-attitudes-9322617/
(2) https://www.uia-architectes.org/en/news/concours-pour-le-symbole-de-laccessibilite/
(3) Piktogramme: Tendenzen in der Gestaltung und im Einsatz grafischer Symbole, Alexander Christian. Herbert von Halem Verlag, Köln, 2017. Kapitel 2.2, »Das International Symbol of Access«
(4) Liat Ben-Moshe, Justin J.W. Powell (2007) Sign of our times? Revis(it)ing the International Symbol of Access, Disability & Society, 22:5, 489-505, DOI: 10.1080/09687590701427602
(5) Mark Anthony Castrodale, Laura Lane (2015): Finding One’s Place to Be and Pee: Examining Intersections of Gender-Dis/ability in Washroom Signage, Atlantis, Vol. 37 Nr. 1, S. 70–83

Weitere Links & Literatur:
Jeremy Foster, Keiichi Koyama, Austin Adams (2010). Paper and on-line testing of graphical access symbols in three countries using the ISO 9186 comprehension test. Information Design Journal. 18. 107-117. 10.1075/idj.18.2.02fos.

Mies Hora, 2018: International Symbol of Access: the Challenge of Updating an Icon
https://segd.org/blog/international-symbol-access-challenge-updating-icon

https://99percentinvisible.org/episode/icon-for-access/
www.dexigner.com, Designers Raising Awareness for Invisible Disabilities by Reimagining International Symbol of Access, 1.8.2018; unter dem Suchbegriff »Visability93«

https://thinkoutsidethechair.com.au/
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